24. Dezember 2024
Frohe Weihnachten
Wir wünschen allen Mitgliedern, Freunden und Förderern ein friedvolles Weihnachtsfest und Zuversicht für 2025.
Ein bewegendes und für viele von uns vom Förderverein enttäuschendes Jahr mit den ablehnenden Voten aus Paderborn und Höxter liegt hinter uns. Trotzdem waren wir vom Vorstand total bewegt von den vielen Menschen, die sich für die Nationalparksache aufgemacht und engagiert haben. Dieses unglaubliche Potenzial wird erhalten bleiben für zukünftige Aktionen.
An dieser Stelle möchten wir uns noch einmal bei allen Mitgliedern, Freunden und Förderern des Fördervereins bedanken, die sich aktiv oder durch Spenden an dieser großartigen Bewegung und an der Wildschön-Kampagne beteiligt haben.
Nun fragen wir uns am Ende des Jahres: Wohin geht die Reise des Fördervereins 2025?
Wildschön und nationalparkwürdig sind etliche unserer Buchen- und anderen Wälder in Ostwestfalen-Lippe schon heute. Und auch wenn wir jetzt noch keinen Nationalpark Egge haben, gibt es keinen Grund zu verzweifeln. Denn in erster Linie geht es uns doch in unserem Förderverein darum, Natur und mit ihr die Artenvielfalt unserer Umwelt zu erhalten. Daran können, wollen und werden wir mit aller Kraft weiterarbeiten.
Die Bundesrepublik Deutschland und das Land Nordrhein-Westfalen haben sich zum Ziel gesetzt - und sind durch die Vorgaben der EU langfristig verpflichtet - große Flächen (bis 2020: 2% der Landesfläche) unter Schutz zu stellen und der Natur zur Wildnisentwicklung zu überlassen. Bisher sind allerdings nur etwa 0,6% der Landesfläche als Wildnisgebiete ausgewiesen. Zwar gibt es darüber hinaus einige Naturschutzgebiete (gerade auch in der Egge und der Senne), aber der Schutz, den sie genießen, ist unvollständig. „Ordnungsgemäße“ Land- und Forstwirtschaft ist nach wie vor in unseren Naturschutzgebieten erlaubt und eigentlich auch die Regel. Das führt aber leider dazu, dass keine natürliche Entwicklung möglich ist. Nur wenige potenzielle Wildnis-Gebiete können sich unabhängig vom Menschen dynamisch aufgrund der im Ökosystem ablaufenden Prozesse frei entwickeln. Da etwa ein Drittel aller Arten, die durch die Roten Listen erfasst sind (und nur etwa 40% aller Arten Deutschlands sind bisher auf ihre Gefährdung untersucht!), bestandsgefährdet ist, muss der umfassende Schutz geeigneter Lebensräume höchster Priorität genießen.
Hier wird sich der Förderverein weiterhin engagiert einbringen und nach Möglichkeiten und Wegen suchen, um vorhandene Wildnisgebiete zu vergrößern und neue zu begründen. Gerade hat der Bund (durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz) einen Wildnisfonds aufgelegt, aus dem der Ankauf von Wildnisgebieten oder ein finanzieller Ausgleich für den dauerhaften Verzicht auf wirtschaftliche Nutzung finanziell unterstützt werden können. Jeder von uns, der von einer Möglichkeit erfährt, eine Fläche unter diesen – wesentlich wirksameren – Schutz als Wildnisgebiet zu stellen, sollte uns vom Förderverein darauf aufmerksam machen, damit wir alle unsere Kräfte dafür einsetzen können, Flächen wieder der natürlichen Dynamik zu überlassen. Selbst jung angepflanzte oder unnatürlich angepflanzte Bestände sowie Kahlflächen können sich regenerieren und zu Wildnis werden, wenn wir ihnen die Chance dazu geben. Im Nationalpark Harz geschieht dies nach zunächst heftigem Widerspruch verschiedener Institutionen zurzeit relativ großflächig und man kann an kleineren Beständen bereits sehen, wie eine Vielfalt verschiedener Busch- und Baumarten natürlich entsteht. Zwar führt dies noch nicht in 30 Jahren zu einer Wildnis, aber der Prozessschutz – die Natur einfach mal selber machen lassen – wird langfristig hier neue und aller Voraussicht nach vielfältigere und resilientere Wälder entstehen lassen, als wenn wir jetzt sofort wieder eingreifen und einen Wald pflanzen, der uns für unsere Flächen geeignet erscheint. Leider sind wir Menschen meist sehr ungeduldig und wollen das Ergebnis möglichst bald sehen, aber bei einem Wald, der sich eher in Jahrhunderten als Jahrzehnten entwickelt, werden erst unsere Enkel einen Eindruck davon bekommen, wie Gebiete, die wir heute unter Schutz stellen, vielleicht als Wildnis aussehen werden. Geduld ist es, die wir im „Prozessschutz“ brauchen.
Wenn wir jetzt damit anfangen, können wir einer Vielzahl von Pflanzen-, Tier- und Pilzarten eine Heimat geben, in der sie sich erhalten, miteinander interagieren und damit ein dynamisch stabiles System erstellen können. Je mehr unterschiedliche Arten in einem solchen Netz vielfältiger Beziehungen miteinander interagieren können, umso weniger werden einzelne Arten, wie etwa der Borkenkäfer, verheerende Wirkungen entfalten können, die – wie wir gesehen haben - das ganze System (Absterben kompletter Fichtenmonokulturen) ruinieren können. Resilienz – Widerstandsfähigkeit gegen Klimaveränderungen, Umweltkatastrophen und übermäßige Entwicklung einzelner Arten – ist genau das, was wir in Zukunft brauchen und dafür wollen wir uns engagieren. Wenn sich ein solches Netz von Wildnisgebieten in Ostwestfalen-Lippe gut entwickelt, kann es einmal Grundlage für einen Nationalpark sein – ein Ziel, das wir sicher nicht aufgeben, auch wenn es momentan wieder einmal in weitere Ferne gerückt ist.
Moore, Wiesen, Quell- und Bachbereiche brauchen ebenso einen langfristigen Schutz. In diesen Habitaten müssen wir allerdings dauerhaft Pflege leisten, damit sie nicht infolge natürlicher Prozesse zu Busch- und Waldland werden. Dass sie sich nicht selbst erhalten können, liegt unter anderem daran, dass uns die großen Pflanzenfresser fehlen, die wie Wildrinder (Wisent), Elche und Pferde etwa, offene Flächen geschaffen und erhalten haben. Auch solche Habitate verdienen unseren Schutz – gerade hat die EU Deutschland verklagt – weil die Bundesregierung ihren Verpflichtungen zum Schutz der Wiesen nicht nachgekommen ist. Um solche Bereiche zu schützen, müssen wir Gruppen aufbauen, die sich langfristig um die Pflege kümmern.
Es gibt also auch in den kommenden Jahren für uns im Förderverein mehr als genug zu tun: Packen wir es an!
Hans Jürgen Wessels und Dr. Tom Steinlein mit dem Vorstand des Fördervereins